An dem Platz, der uns heute als der Markaner bekannt ist, stand früher nahe der Mündung der Nette in die Lenne, direkt am Aufstieg zum Burgweg, auf dem
Grundstück Bachstraße 4, die alte gräfliche Kornmühle, die dem Stadtteil Mühlendorf seinen Namen gab.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Mühle im Jahre 1394, als sie von Dietrich Graf von der Mark auf sechs Jahre gegen eine jährliche Abgabe von 24 Malter Korn an Dietrich den Müller verpachtet
wurde. Graf Dietrich behielt den Anbau an der Mühle zur eigenen Verfügung, um dort das Korn zur Versorgung des Schlosses zu lagern. Der Müller mußte für Reparaturen an der Mühle aufkommen,
während für die Lieferung neuer Mühlsteine der Graf zuständig war.
Die beiden Wasserräder wurden gespeist über eine Schlacht (Obergraben), die unterhalb der Silberrolle (heute Feuerwache) Wasser vom Nettebach abführte und am unteren Burgberg entlang bis zur
Mühle leitete.
1470 erließ Johann I. Herzog von Kleve die Dienstanweisung, daß seine Rentmeister nach dem Kirchweihfest neben der Grutakzise (Zoll auf Bierwürze), der Landzölle, dem Wegegeld und der Heubeute
auch die Mühlen an den Meistbietenden verpachten sollten. Die Verpachtung durfte nur an „das gemeine Volk“, nicht aber an Drosten, Burgleute, Beamte und Richter erfolgen.
1503 wurden Bauarbeiten am Schloß und an der Mühle durchgeführt; die Kosten hierfür trug der Herzog aus Abgaben aus der Grafschaft Limburg.
Der Altenaer Drost Wilhelm Quade verpachtete 1530 die Mühle im Auftrag seines Landesherrn Johann III. Herzog von Kleve auf 12 Jahre an den Altenaer Magistrat, der dafür jährlich 30 Malter Roggen
an „das Haus Altena“ (gemeint ist das Schloß) als Pacht zu liefern hatte. Reparaturen an der Mühle mußten die Altenaer selbst tragen, während der Herzog weiterhin die Mühlensteine lieferte. Mit
dieser Verpachtung beabsichtigte der Herzog, daß die Altenaer kein Brot mehr in Iserlohn kaufen mußten und „an dem Brot selbst ihre Nahrung haben können“.
1588 verpfändete Wilhelm V. Herzog von Kleve, genannt „Der Reiche“, Schwiegersohn Kaiser Ferdinands I. und Schwager König Heinrichs VIII. von England, die Mühle
an seinen Amtmann Caspar Lappe wegen eines Darlehens von 500 Goldgulden und 1250 Reichstalern. Das Geld benötigte er für die Hochzeit seines Sohnes, Jungherzog Johann Wilhelm.
Lappe sollte die im Jahre 1578 eingesetzten 4 neuen Mühlsteine bei Bedarf erneuern und „das Mühlenhaus und andere Mühlenwerk von innen und außen in gutem Zustand und Notbau unterhalten“.
Lappe wurde 1592 abgesetzt, und der Amtmann Ovelacker übernahm die Pfandschaft 1593 unter Erhöhung der Pfandsumme auf 1790 Reichstaler.
Über 500 Jahre nach ihrer ersten Erwähnung war die Mühle in einem baulich erbärmlichen Zustand und wurde mit all ihrer wechselhaften Geschichte abgerissen.
Heute finden wir an der Stelle, an der einst die Mühle stand, ein Geschäfts- und Wohnhaus, das vielen noch durch das Elektrogeschäft Bräucker bekannt ist und das jetzt eine Bäckerei beherbergt.
An diesem Haus ist heute in der Gasse, die zur Burg führt, ein farbiges Relief zu bewundern.
Darauf erkennt der Betrachter links neben den Treppen zum Burgweg die Kornmühle, rechts davor eine Eiche, an der ein Jäger lehnt, der mit rauchender Büchse einem davonlaufenden Hasen das rechte Hinterbein abgeschossen hat, welches im Gras liegt. Im rechten Bild sind einige Büsche zu erkennen.
Das, was wie eine seltsame Jagdszene anmutet, stellt eine Anspielung auf die Geschehnisse nach dem Abbruch der Kornmühle im Jahre 1912 dar.
Der Altenaer Adolf Rump hatte das Mühlengrundstück erworben und baute 1913/14 – zur Amtszeit des Bürgermeisters Büscher – unter Mitwirkung des Architekten Ludwig
Winner an jener Stelle ein Haus, das einen Erker an der Ecke Burgweg / Bachstraße erhalten sollte, wie ihn auch schon die Kornmühle besaß.
Der damalige Stadtbaurat Bolle lehnte jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen den Bau des Erkers ab und berief sich wohl auf einen Prüfer für Statik namens Hase aus Münster.
Für die Versagung der Genehmigung für den Erker rächte sich Rump auf spezielle Weise mit dem Relief.
So betrachten wir also die alte Kornmühle mit dem Erker; der Jäger (Architekt Winner) lehnt an der starken Eiche (Adolf Rump) und schießt dem davonlaufenden
Hasen (Prüfer für Statik Hase) einen Bollen (Stadtbaurat Bolle) ab, der im Gras („auf der Strecke“) liegen bleibt. Der Hase läuft auf die Büsche (Bürgermeister Büscher) zu, hinter denen er sich
verstecken will.
Der Stadtbaurat mußte nach diesem Vorfall seinen Hut nehmen . . .
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